Inhalte auf dieser Seite:
  • Hopfenanbau in Grenzhausen
  • Wie es zur Gründung der Stadt Hähr-Grenzhausen kam
  • Carneval zu Höhr um 1897
  • Höhr-Grenzhäuser Straßennamen und ihre Namensgeber
  • Bürgermeister Münzer
  • Die "Knutsch" in Hillscheid

Auf dieser Seite wollen wir von Zeit zu Zeit Interessantes und Wissenswertes aus der Geschichte unsrerer Stadt präsentieren. Hier finden Sie Geschichte und Geschichten, Anektdoten und Informationen über wichtige Ereignisse oder auch über bedeutende Persönlichkeiten, die in unserer Stadt gewirkt haben.
 
Der folgende Beitrag stammt von unserem Mitglied Marlies Zöller, vorgetragen beim Museumstag am 8. Oktober 2023:




Der Hopfenanbau spielte über Jahrzehnte in Grenzhausen eine große Rolle.
Handwerker, Arbeiter und Unternehmer waren Mitte des 19. Jahrhunderts die ersten Hopfenzüchter,
allerdings überwiegend  im Nebenerwerb.

Sobald die ersten Triebe sichtbar waren, wurden die Hopfenstangen gesetzt. Mit Hopfeneisen wurden tiefe Löcher in den Boden gemacht. Besonders das Einwerfen der Stangen erforderte Kraft und Geschicklichkeit. Die meisten der Stangen wurden auf der Montabaurer Höhe geschlagen.  (um 1930)


Nach Überlieferungen standen auf den Feldern um Grenzhausen  vor dem ersten Weltkrieg rd. 400 000 Hopfenstöcke. Es soll Ernten gegeben haben, die mehr als 1 Million Mark erbrachten.  (um 1900)
Das Jahr 1876 soll das Rekordjahr der Grenzhäuser Hopfenzüchter gewesen sein.
Bereits am 6. November 1867 fand der erste Hopfenmarkt in Grenzhausen statt. Besonders gute Hopfenqualität erhielt ab 22. September 1934, in einer eigens eingerichteten Siegelhalle, das Hopfensiegel „Grenzhäuser Siegelgut“.
Hopfenanbau in der Schlaad (vor 1910)



Der Hopfen wuchs, je nach Witterung, bis zu 30 cm am Tag. In zwei Monaten erreichte er oft eine Höhe von mehr als 6 m. Das Foto zeigt den Hopfenbauern Wilhelm Wortmann 1934, der durch Jahrzehnte Hopfenkönig wurde, weil er den höchsten Jahresertrag  hatte.


Ansichtskarte von 1908 mit einem Vierzeiler über die Hopfenernte
Es schwankt heimwärts vollbeladen
mit grünem Hopfen der Erntewagen.
Beim Schneiden der Flocken manch Lied erschallt
In der Hopfenernte auf dem Westerwald.
Hopfenernte 1908



Hopfen verlangt intensive Pflege. Ständige Kontrolle auf Schädlinge, Unkraut entfernen und immer höheres Anbinden der Ranken war schwere Arbeit. Es gab die Redewendung: der Hopfen will jeden Tag seinen Herrn sehen.



Im September war der Hopfen reif und die Erntearbeit begann.
Mit besonderen Hebevorrichtungen wurden die Stangen aus der Erde gehoben und
auf hölzerne Böcke gelegt. 
Hopfenbauer Wortmann (um 1940).

 

Die schwerste Arbeit fiel den Männern zu, die das „Abtun“ des Hopfens von den Stangen verrichten mussten. Sie wickelten die Ranken ab, zerschnitten sie in ungefähr meterlange Stücke und schnürten sie zu Bündeln zusammen.  (vor 1904)
 

Vollbeladen fuhren die Ochsen- oder Pferdegespanne nach Hause, wo bereits die Zimmer ausgeräumt waren, damit die Pflückerinnen genug Platz hatten. (um 1930)
Die Hopfenmädchen aus dem Rheinischen Westerwald kamen zu Fuß. Die Hunsrücker Mädchen wurden mit Zockelgaul und Leiterwagen abgeholt.

 
Mit Kind und Kegel saß man beim Hopfenplücken, weil jede helfende Hand gebraucht wurde.
Die Kinder bekamen sogar „Hobbeferie“.   (um 1930)
Hopfenpflücker bei Wortmanns (um 1930)
 

Bei schönem Wetter saßen die „Hobbemädcher“ auch mal gerne im Freien, wie hier in der ehemaligen Gerberei Zeppenfeld, der „Villa Lustig“ in der „Burgass“ (Brunnenstraße). Die weißen Schürzen trugen sie aber vermutlich nur für’s Foto. (1901)

Trotz der schweren Arbeit wurde auch viel gesungen und gelacht.
Das Foto entstand um 1936 bei „Ploosterschmidts“ in der Küche. Das Häuschen steht heute noch am Laigueglia Platz.
Hopfenpflücker bei Plosterschmidts in der Küche (um 1936)



Die Hopfendolden wurden per Hand abgepflückt und in große Maanen (Körbe) gefüllt. Auf diesem Foto zu sehen die „Burgass“ in den 1930er Jahren.
Den Höhepunkt der arbeitsreichen Wochen machte dann für alle Erntehelfer der „Hobbekaffi“ mit „Quätschekooche“. Diese einfache Feier bildete den Ausklang der Erntearbeit.

Kaum war die Hopfenernte beendet, wurden die liegengelassenen, bis zu 15 Meter langen Stangen, in Pyramiden aufgestellt. Im Herbst und Winter sah das Gelände wie ein einziges großes Zeltlager aus.   (1908 Tripsberg)

Ein großes Ereignis war in jedem Jahr der Erntedank-Umzug. Das Foto entstand um 1930 in Grenzhausen Ecke Hermann-Geisen-Straße / Luisenstraße, auch Emberestrooß genannt.

 

Voller Stolz zeigte man den mit Hopfenranken geschmückten Erntewagen.   (1930)



In späteren Jahren legte man die erste Drahtanlage  „Versuchsgarten für Hopfen“ an, gab diese Art des Hopfenanbaus aber Anfang der 1940er Jahre auf.
Bereits in den 1930er Jahren mussten immer mehr einheimische Hopfenbauern ihre Hopfenzucht aufgeben, weil die Regierung die Anbaugebiete in Bayern und in der besetzten Tschechoslowakei staatlich förderte und diese billiger produzieren konnten.
1942 erging eine Anordnung des Reichsnährstandes, wonach sämtliche Hopfenfelder zugunsten des Getreideanbaus vernichtet werden mussten.


Zum Ende meiner „Hopfengalerie“ zeigt dieses Foto wohl eine der letzten Hopfenfuhren, in der Schillerstraße in Grenzhausen.  1936 / 1937
Letzter Ernteeinsatz war 1943.
 

Wie es zur Gründung der Stadt Höhr-Grenzhausen kam


Die Stadt Höhr-Grenzhausen ist mit ihren fast 80 Jahren im Vergleich zu den historisch gewachsenen Städten im Westerwald, wie z.B. Montabaur und Hachenburg, eine verhältnismäßig junge Stadt. Sie  ist,  gemessen an der Einwohnerzahl (9.611 im Jahr 2014), die zweitgrößte Kommune im Westerwaldkreis. Dies hat sie einem Ereignis aus dem Jahr 1936 zu verdanken: Dem Zusammenschluss dreier Gemeinden.  Am 1. April 1936 wurden durch die Entscheidung des Oberpräsidenten Philip, Prinz von Hessen, die  bis dahin selbständigen Gemeinden Höhr, Grenzhausen und Grenzau zu einer neuen Gemeinde mit dem Namen „Höhr-Grenzhausen“ zusammengeschlossen. Gleichzeitig wurden ihr die Stadtrechte verliehen. Die neue Stadt hatte 5.951 Einwohner, davon 3.583 in Höhr, 2.193 in Grenzhausen und 175 in Grenzau. Bis zur Vereinigung der drei Gemeinden war es allerdings ein schwerer und steiniger Weg. Es gab immer wieder Initiativen, aber auch Widerstände und Rückschläge und es bedurfte zum Schluss einer nicht von allen Beteiligten akzeptierten Entscheidung der obersten Aufsichtsbehörde.

Wie alles begann…

 
Bereits seit  März 1907 wurde über eine Zusammenlegung der  Gemeinden Höhr und Grenzhausen nachgedacht. Allerdings nicht in den beiden Gemeinden vor Ort, sondern von dem damaligen Landrat des Unterwesterwaldkreises in Montabaur,  Peter Freiherr Marschall von Bieberstein. Dieser lehnte nämlich der Gemeinde Höhr den Antrag auf Verleihung der Stadtrechte ab und schlug stattdessen Verhandlungen mit der Gemeinde Grenzhausen über einen Zusammenschluss zu einer Stadt vor, der, so der Landrat, für die Bürgerschaft nur Vorteile böte. Dieser Vorschlag fand jedoch weder in Höhr noch in Grenzhausen Gehör.
Am 26. August 1911 stellte der Gemeinderat von Höhr erneut einen Antrag auf Verleihung der Stadtrechte, der dieses Mal  vom Regierungspräsidenten in Wiesbaden mit dem Hinweis auf einen Zusammenschluss abschlägig beschieden wurde.
Acht Jahre später, am 20. November 1919, trafen sich erstmals die Gemeinderäte von Höhr und Grenzhausen zu einer gemeinsamen Sitzung und wählten einen Ausschuss zur Prüfung des Zusammenschlusses. Ergebnis dieser Sitzung war die übereinstimmende Feststellung, dass man der Idee „im allgemeinen sympathisch gegenüberstehe“. Es wurden mehrere Kommissionen gebildet. In einer Denkschrift vom 26. Februar 1920, betreffend die Vereinigung der Gemeinden Höhr und Grenzhausen zu einer Stadtgemeinde Höhr-Grenzhausen, wurden die Ergebnisse dieser ein Jahr zuvor eingesetzten Kommission zusammengefasst. Der Bericht schloss mit dem Fazit, dass „eine Vereinigung nur Vorteile erwarten ließe“. Sie empfahl den Zusammenschluss, wenn damit gleichzeitig der neuen Gemeinde Höhr-Grenzhausen die Stadtrechte verliehen würden.
Die Gemeinden Höhr und Grenzhausen beauftragten daraufhin als neutralen Sachverständigen den Bürgermeister von Ehrenbreitstein, Dr. Kohlen, einen Vertragsentwurf für einen freiwilligen Zusammenschluss auszuarbeiten. Dieser sollte Grundlage für die weiteren Verhandlungen sein.

Die Verhandlungen sind gescheitert…

 
Leider konnte man sich nicht über die Vertragsinhalte einigen, so dass am 19. Mai 1920 die Gemeinde Grenzhausen die Verhandlungen als gescheitert erklärte. Der Beschluss wurde mit 7 gegen 5 Stimmen gefasst. Die Gemeinde Grenzhausen hatte nämlich die Vereinigung von der Bedingung abhängig gemacht, dass sich für eine Übergangszeit von 12 Jahren die Vertretung der neuen Stadtgemeinde je zur Hälfte aus Bürgern von Höhr und Grenzhausen zusammensetzen solle. Diese Forderung war für die Gemeinde Höhr, die den größeren Bevölkerungsanteil stellte, unakzeptabel.
 
Ein neuer Versuch wird gestartet…
 
Im Herbst 1920 wurde Georg Schlemming neuer Bürgermeister von Höhr. Er nahm erneut Kontakt zu seinem Grenzhäuser Kollegen Heßmann auf, um einen weiteren Versuch für den Zusammenschluss zu starten. Nach einem im Jahr 1961 aus Anlass des 25jährigen Stadtjubiläums aufgezeichneten Protokoll war seine Initiative aus den Jahr 1921 an der ultimativen Forderung seines Kollegen Heßmann gescheitert, der nur dann an neuen Verhandlungen  interessiert gewesen sein soll, wenn er  Bürgermeister der neuen Stadt werden würde. Das war für Schlemming undenkbar, hatte er doch selbst entsprechende Ambitionen.
 
Im Frühjahr 1921 bekam Grenzhausen mit Paul Viehmann einen neuen Bürgermeister. Schlemming und Viehmann verstanden sich sehr gut und kamen überein,  alles zwischen den Gemeinden Trennende zu beseitigen, um dann zur gegebenen Zeit erneut einen Versuch zur Vereinigung der beiden Gemeinden zu einer Stadt zu starten. In dieser Zeit wurden durch Zweckvereinbarungen die Mittelschule und eine gemeinsame Berufsschule eingerichtet sowie das Elektrizitätswerk von der Koblenzer Straßenbahngesellschaft, Vorgänger der KEVAG und der heutigen EVM, erworben. Im Jahr 1931 starb  plötzlich und unerwartet Bürgermeister Viehmann.
 
Grenzhausen lehnt erneut ab…
 
Nachdem die Bürgermeisterstelle in Grenzhausen vakant war, ersuchte der Regierungspräsident in Wiesbaden mit Verfügung vom 17. April 1931 den Landrat in Montabaur, Richard Collet, „in vorsichtiger Weise mit den maßgeblichen Persönlichkeiten in Höhr und Grenzhausen die Idee des Zusammenschlusses nochmals zu erörtern“. Bereits im gleichen Monat fanden Gemeinderatsitzungen in Höhr und in Grenzhausen zu diesem Thema statt. Mit Mehrheit waren die Körperschaften in Höhr für und in Grenzhausen gegen den Zusammenschluss. Mit Bericht vom 29. April 1931 hat der Landrat den Regierungspräsidenten in Wiesbaden vom Scheitern der Verhandlungen in Kenntnis gesetzt. Die „Angelegenheit“ wurde zu den Akten gelegt und so kam es erstmals nach 1911 zu einem Stillstand.
 
Verwaltungsreform greift Thema erneut auf; Grenzau erstmals in Verhandlungen einbezogen…
 
Eineinhalb Jahre später griff man von Seiten der Regierung im Rahmen einer landesweiten Verwaltungsreform den Vereinigungsgedanken wieder auf. Mit der Zielsetzung der „Rationalisierung und  Verbilligung der Verwaltung“ sollten verschiedene Gemeinden zusammengelegt werden. In drei ausführlichen Berichten vom 4., 13. und 25. Oktober 1932 nahm der Landrat eingehend zu den Problemen Stellung und schlug unter Darlegung der Gründe eine Zusammenlegung der drei Gemeinden Höhr, Grenzhausen und Grenzau vor. Damit kam erstmals Grenzau mit in die Diskussion über eine Zusammenlegung. In seiner Verfügung vom 22. November 1932 erwog der Regierungspräsident zum ersten Mal sogar einen Zusammenschluss gegen den Willen der beteiligten Gemeinden. Jedoch waren die Widerstände aus Grenzhausen so groß, dass sich die Regierung bereits vier Monate später, im März 1933, entschloss, den Vorgang  einstweilen wieder zurück zu stellen.
 
Bürgermeister Georg Schlemming mit neuer Strategie…
 
Während bis dahin der Landrat und der Regierungspräsident mit Wünschen, Bitten und Anregungen an die Verantwortlichen der Kommunen in Höhr und in Grenzhausen herangetreten waren und somit die Initiativen von den vorgesetzten Dienststellen ausgingen, richtete mit Schreiben vom 13. März 1934 Bürgermeister Schlemming im Namen der Gemeinde Höhr erneut einen Antrag auf Verleihung der Stadtrechte an den Regierungspräsidenten. Nach eigenen Aussagen von Georg Schlemming rief dieser einige Tage später Herrn Klemm, den Bürgermeister von Grenzhausen, an und animierte ihn, einen gleichlautenden Antrag für Grenzhausen zu stellen.  Zu diesem Vorgang schrieb die  Westerwälder Post aus Anlass des 25jährigen Stadtjubiläums: „Ob hier Kräfte am Werk waren, die durch dieses Hintertürchen die Vereinigung zwischen den drei Gemeinden erreichen wollten, ist heute nicht mehr feststellbar.“ Es war jedoch mit den Anträgen erreicht worden, dass das Innenministerium sich nun mit der Sache befassen musste. Es entschied, die Verleihung der Stadtrechte von einer Vereinigung der drei Gemeinden abhängig zu machen. 
 
Grenzhausen bleibt weiter hartnäckig…
 
Die Gemeinderäte von Höhr und Grenzhausen tagten dann erneut am 7., der Gemeinderat von Grenzau am 18. Oktober 1935. Während sich Höhr und Grenzau für den Zusammenschluss aussprachen, war man in Grenzhausen mit 6 zu 3 Stimmen dagegen. Es waren vor allem drei Gründe, die Grenzhausen zur Ablehnung veranlassten:
  • die geplante  Verlegung des Bürgermeisteramtes nach Höhr,
  • die konfessionellen Gegensätze und
  • die Furcht vor wirtschaftlichen Nachteilen.
 
Bürgermeister Klemm teilte das Ergebnis der Beratung am 10. Oktober 1935 dem Landrat mit und wies u.a. darauf hin, dass die Bewohner von Höhr und Grenzhausen im Charakter ganz verschieden seien. indem er sagte: „Die Bevölkerung von Grenzhausen ist innerlich anders geartet als die Bevölkerung von Höhr. Sie ist stolz auf ihre Gemeinde und hängt an ihr und an ihrer stolzen Vergangenheit; sie ist sehr fleißig und sparsam. Die Höhrer sind dagegen ein leichtlebiges Völkchen.“
Aus diesem Zitat sind die Beweggründe für die ablehnende Haltung von Grenzhausen deutlich zu entnehmen. Man fürchtete um die Aufgabe der eigenen Identität. Es waren aber wohl auch die subjektiven Empfindlichkeiten, die einen freiwilligen Zusammenschluss verhinderten. Der damalige Landrat, Dr. Rudolf Freiherr von Preuschen, gab aber nicht auf und verhandelte erneut im November 1935 mit den Gemeindevertretern von Grenzhausen mit dem Ziel, deren Bedenken in letzter Minute auszuräumen.
 
Die Würfel sind gefallen…
Zu diesem Zeitpunkt gab es aber bereits von Seiten der Regierung eine klare Meinung: der Oberpräsident Philipp, Prinz von Hessen, in Kassel unterzeichnete am 27. Dezember 1935 die Entscheidung über eine Zusammenlegung von Höhr, Grenzhausen und Grenzau zur Stadt Höhr-Grenzhausen. Am Tag darauf versuchten der Gemeinderat und der Beigeordnete Jahn mit einem Telegramm an den Oberpräsidenten die Selbständigkeit von Grenzhausen noch in letzter Minute zu retten. Den Bericht des Bürgermeisters vom gleichen Tag versah der Landrat in Montabaur mit dem handschriftlichen Vermerk: „ Nun zu den Akten. Der Zusammenschluss ist bereits Tatsache.“ Am 1. April 1936 wurde die Verfügung wirksam. Die Stadt Höhr-Grenzhausen war geboren.
Am 24. März 1936 fand die erste Sitzung der kommissarisch berufenen Ratsherren der Stadt Höhr-Grenzhausen unter der Leitung des ebenfalls kommissarisch  bestellten Bürgermeisters Paul Kitzelmann statt.  Der Landrat machte einleitend - laut Protokoll - darauf aufmerksam,  dass die Beratung keine Festsitzung sei, sondern eine Arbeitssitzung, in der die vorläufigen Maßnahmen getroffen werden sollten, damit die Stadt arbeiten könne. Im Übrigen sei nun nicht mehr die Frage zu prüfen, ob der Zusammenschluss richtig oder falsch sei.
Große Feierlichkeiten fanden nicht statt. Im Bezirksblatt vom 1. April 1936, herausgegeben von der Druckerei Rühlemann in Höhr, war zu lesen: „Es wird zweifellos manchem schwer fallen, sich für’s Erste mit der vollzogenen Tatsache abzufinden, aber das Interesse der Gesamtheit dürfte auch hier das zu erbringende Opfer wesentlich leichter erscheinen lassen.“ Der Artikel endete mit dem denkwürdigen Zitat von Friedrich Schiller: „Holder Friede, süße Eintracht weilet, weilet freundlich über dieser Stadt“.
Nach anfänglichen Rivalitäten in den Stadtteilen und den legendären Auseinandersetzungen der Höhrer und Grenzhäuser Jugend in den 50iger Jahren im I-Wäldchen, hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass gemeinsam eben mehr zu erreichen ist.
Der Stadt ein neues Gesicht und eine entsprechende Identität zu geben, ist das Bemühen der politisch Verantwortlichen im Rahmen der Stadterneuerung seit dieser Zeit. 
 

Der Artikel stammt von Jürgen Johannsen
 
 
 
 
  Geschichte und Geschichten

Carneval zu Höhr 1897
nachempfunden von Uwe Ch. Finke

Hinweis: im Fotoalbum findet sich ein Foto eines "Galawagens" von 1897 (Foto Nr. 5)

Narren aller Art merkt auf: das Hauptfest der Narretei naht! Beim Carneval zu Höhr ist am Fastnacht-Dienstag, vormittags ab 10 Uhr, in allen Narrenschänken der humoristische, carnevalistische Frühschoppen angesagt. Bis 12 Uhr ist Zeit sich zu stärken, denn dann findet die „Grosse Parade der Leibgarde Sr. Hoheit des Prinzen Carneval“ und das Aufziehen der Hauptwache statt.
 
So lautete die Botschaft eines Plakates, das im Jahre 1897 den Höhepunkt der berühmten 5.Jahreszeit in Höhr (damals noch alleine!) ankündigte. Das Plakat, von einer Bürgerin unserer Stadt der Gesellschaft für Stadtgeschichte überlassen, ist eines der ältesten Zeugnisse für die närrische Tradition in Höhr-Grenzhausen. Es erzählt aber nicht nur von der Straßenfastnacht unserer Urgroßeltern, sondern gibt auch einen Einblick in das damalige Höhr.
 
Ein „Großer Charakter-Masken-Festzug“ stellte sich Punkt 1 Uhr auf, nach „photographischer Aufnahme“ (2 Bilder davon haben sich erhalten, sie sind im Buch „Alt- Höhr-Grenzhausen“ von H. Fries wiedergegeben: S. 256 u. 306) setzte er sich in Bewegung durch die Straßen der Stadt. Man beachte, schon damals sahen sich die Höhrer selbstbewußt als Stadt! Der Zug nahm seinen Anfang in der Rheinstraße, in Höhe des Anwesens Girmscheid, gegenüber der heutigen Fachhochschule. Er zog durch die Marktstraße (so hieß die heutige Rheinstraße zwischen Einmündung Schützenstraße bis zur Einmündung Mittelstraße), erklomm dann die Kirchbergstraße  -heute die Töpferstraße- und erreichte durch die ehemalige Hospitalstraße, welche heute als Bahnhofstraße bekannt ist, die damalige Bahnhofstraße, dem heutigen Höhrer als Rathausstraße geläufig. Nun ging es wieder leicht bergab bis zum Marktplatz. Eigentlich gab es damals in Höhr keinen offiziellen Marktplatz, aber so nannte der Althöhrer den kleinen Platz vor dem ehemaligen, 1936 abgerissenen Gasthaus Neidhart, der sich zwischen Schützenhof und Einmündung Fehrbachstraße erstreckte. Heute liegt dort der durch Abriß verschiedener Häuser größere Alexanderplatz.

 
Und weiter geht der Festzug von 1897. Er wandte sich nun in die Mittelstraße, erreichte die Emserstraße und kam durch die Bergstraße wieder in die Mittelstraße. Die Bergstraße hatte man vermutlich durch die heutige Weiherstraße und Wiesenstraße erreicht (1897 wohl Feldwege). In der Marktstraße endete dann der Festzug.
 
Prinz Carneval war damals Louis Müllenbach, ein Sproß der weit verzweigten Höhrer Familie.  Interessant sind die verschiedenen Gruppen und Vereine, welche den Festzug bildeten. Auf einige sei kurz eingegangen. Der „Turnverein (1886) Höhr“ bildete den Anfang. Diese Ehre kam nicht von ungefähr, denn 1897 konnte er sein 11jähriges Bestehen feiern. Es folgte der Galawagen des Casinos Gambrinus.  Das Casino Gambrinus wurde 1888 als gesellige Gemeinschaft des „kleinen“ Mannes gegründet und ist heute noch im „Biercasino“ präsent.
 
Das hier noch einmal wiedergegebene Bild aus dem Buch „Alt-Grenzhausen“ zeigt den von zwei Pferdestärken gezogenen Wagen bei der Aufstellung in der Rheinstraße, begleitet von Zwergen und umgeben von der Hellebardier-Leibwache.   Als König „Gambrinus“ thront Wilhelm „Dores“ Knödgen mit seinem Hofstaat, als Hellebardier in gestreiften Kniebundhosen steht neben dem Wagen Fritz Daum. Dieser machte sich später als Schriftsteller vor allem von Wildwest-Romanen einen Namen, man bezeichnete ihn als den „Karl May des Westerwaldes“.
 
Ein obligatorischer Verein für damalige Verhältnisse war der Kriegerverein, normal auch die vielen Vereine für das gesellige Beisammensein. Der Unterhaltungsclub Höhr nannte sich auch „kameradschaftlich“, die Gesellschaft Gemüthlichkeit hatte ihren Lebensinhalt im Theaterspielen. Die „Gesellschaft Schölböschdüser“ war wohl einer der vielen Karnevalsvereine, die damals in unserer Stadt existierten.


 
Als  „Schölbö-Schdüser“ (die Trennung stammt von mir, zur besseren Erkennung) bezeichnete der Alt-Höhrer die Männer, die früher dem knochenharten Beruf des Tonstechers in den Tongruben nachgingen. Mit dem Tonspaten  wurde der Ton Scholle für Scholle (Schölbe) abgestochen und mit einem hakenartigen Gerät beiseite gestoßen (geschduse) bzw. auf die Tonlore befördert. Nun litt bei dieser einseitigen, schweren körperlichen Arbeit, die immer wieder die gleichen Bewegungen und Handgriffe erforderte, bei vielen dieser „Schölböschdüser“ zwangsläufig die Feinmotorik. So konnte es  passieren, daß in der Pause oder abends, wenn sie nach getaner Arbeit eine wohlverdiente Tasse Kaffee oder ein Gläschen Bier genießen wollten, das für ihre Hände zierliche Gefäß wegen des ungewohnten Handgriffes umkippte, auf dem Boden landete und zerbrach. Diese Ungeschicklichkeit wurde bald sprichwörtlich und im Höhrer Dialekt sagte man zu tappsigen, ungeschickten Leuten, deren linkischen Händen nichts Feines anvertraut werden konnte: “ Dou stellst dech an bie en Schölböschüser!“
 
Der „Turnverein Achilles“ hatte sich 1896/97 gegründet. Er spaltete sich vom „Turnverein 1886 Höhr“ ab und gehörte dem „Arbeiterturnerbund“ an. Nach ihm ist die heutige Achillesstraße benannt, in der sich seine Turnhalle aus Wellblech befand. Nach dem 1.Weltkrieg existierte der TV Achilles nicht mehr.


Straßennamen in Höhr-Grenzhausen

Von Zeit zu Zeit möchten wir an dieser Stelle einen Beitrag dazu leisten, unsere Stadt besser zu verstehen. Dazu wollen wir erklären, wer hinter den Namen steckt, die Straßen in Höhr-Grenzhausen tragen. Beginnen wollen wir mit einem der bedeutensten Keramiker, die in Höhr-Grehzhausen gewirkt haben. Es geht um Reinhold Hanke, Namensgeber der Strasse im Stadtteil Höhr.

Der folgende Beitrag stammt von unserem Vorstandsmitglied Ronald Kaffiné.

Reinhold-Hanke-Straße

Reinhold Hanke war im Jahre 1868 der erste Töpfer am Ort, der Steinzeug im Stil des Historismus herstellte. Er war "Königlicher Hoflieferant" (!) und belieferte nachweislich den Adel in aller Welt, dies ist u.a. durch Schriftverkehr mit z. B. dem Fürsten Ludwig zu Sayn Wittgenstein oder der Kaiserin Augusta (!) belegt.
Abgesehen von den vielen Gold und Silbermedallien die Hanke auf den Weltausstellungen erhielt, waren andere Firmen in Höhr immer noch mit der Herstellung von "normalen" grau-blauen Gebrauchsgeschirr beschäftigt, so auch die Fa. Merkelbach, die erst nach Hankes Erfolgen anfing, Steinzeug im Historischen Stil zu fertigen. Reinhold Hanke wurde im Auftrag der Nassauischen Regierung 1873 als einziger Westerwälder Steinzeughersteller zur Weltausstellung nach Wien geschickt, um sich dort über die Steinzeugformen und Dekorationen zu informieren. Nach Reinhold Hankes Tod führte erst seine Frau Maria Josefa, danach sein Sohn August Hanke die Firma erfolgreich weiter.

In der Nacht vom 1. auf den 2. August 1921 brach in einer benachbarten Firma ein Großfeuer aus, das schnell auf die Fa. Hanke übergriff und diese in Schutt und Asche legte. Alle Formen und Modelle wurden komplett vernichtet, man versuchte später noch mal einen Neuanfang der aber kläglich scheiterte. Somit ging ein Höhrer Traditionsunternehmen unter.
Reinhold Hanke hat viele bekannte Steinzeughersteller und Kaufmänner ausgebildet, so z. B. den Modelleur Peter Dümler, Gründer der Steinzeugfirma Dümler & Breiden, Höhr-Grenzhausen.

Reinhold Hanke, einer der besten Modelleure seiner Zeit, starb leider viel zu früh am 22.06.1886 im Alter von 45 Jahren, seine letzte Arbeit, -er war schon sehr krank-, war übrigens ein Krug mit der Darstellung des Leichenzuges aus der biblischen Geschichte des Jüngling zu Neim.

Wer mehr über Reinhold Hank erfahren will, dem sei ein Besuch der folgenden Internetseite wärmstens empfohlen:
http://historismussteinzeug.npage.de/


Gesellschaft für Stadtgeschichte und Kultur | Geschichte und Geschichten
Teller Fa. Reinhold Hanke um 1870/80

Jacques-Remy-Straße

Eindeutig ein französischer Name - wer war das denn?
Im Jahr 1586 kam Jacques Remy aus Ivoy in Lothringen nach Grenzhausen. Zu dieser Zeit war Remy Hafner (also Töpfer-)geselle und konnte nicht daran denken, sich selbstständig zu machen. Nur der Sohn eines Zunftmeisters konnte in die Zunft aufgenommen werden. Oder aber er hatte Glück und konnte die Witwe eines Meisters heiraten und dessen Geschäft fortführen. Dies gelang Jacques Remy im Jahr 1595, als er die Witwe Catharina Wingender heiraten und auf diesem Wege Zunfgenosse werden konnte. Als solcher stellte sich bald heraus, dass er ein Meister seines Faches war. Seinem Einfluss ist es zu verdanken, dass die Grenzhäuser Waren durch schöne Formgebung und Ausschmückung schon bald die herkömmliche Töpferware überflügelte. Der Landesherr Graf Johann von Wied, zu dessen Herrschaftsbereich Grenzhausen gehörte verfolgte eine ausgesprochen verständige Politik. Nach der Einnahme Siegburgs durch die Schweden erließ er einen Freibrief für auswärtige "Euler" (Töpfer) und in Übereinstimmung mit der Zunft der Töpfer auch eine vorbildliche Handwerksordnung für die Wiedische Töpfer- bzw. Eulerzunft. Unter dem Einfluß dieser segensreich wirkenden Zunftordnung schlossen sich mit Zustimmung der Landesregierung alle lokalen Zünfte zu einer Gesamtzunft zusammen. Der anerkannte Vorort dieser Zunft war Grenzhausen. Am damaligen Aufblühen von Grenzhausen hatte die Familie Remy maßgeblichen Anteil. Jacques, in Grenzhausen auch Jakob der Welsche genannt war der Stammvater der bekannten und auch heute noch existierenden Familie Remy.



Hermann-Geisen-Straße

Hermann Geisen  
 

„Pasaremos.“ („Wir werden es schaffen“)

 
Hermann Geisen wird am 25. September 1899 in (Höhr-)Grenzhausen geboren. Nach dem Besuch der Volksschule erlernt er den Beruf eines Keramikers. Er ist Soldat im Ersten Weltkrieg und wird mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet. Nach Kriegsende gehört er noch einem Freikorps und der Sicherheitspolizei an. Anfang der 1920er Jahre kehrt er in den Westerwald zurück. Er arbeitet als Keramiker und ist Betriebsobmann des sozialdemokratischen Fabrikarbeiterverbandes Deutschlands. 1929 tritt er in die KPD ein, alsbald ist er Politischer Leiter. Geisen heiratet seine Frau Emma, geb. Soldat, sie ist ebenfalls in der KPD, der Sohn Kurt wird geboren.
Frühjahr 1933 Nach der so genannten Machtergreifung der Nazis kommt Geisen in den Monaten März, April und Juni jeweils für drei bis vier Wochen in „Schutzhaft“.

September 1933 Geisen flieht in das unter der Verwaltung des Völkerbundes stehende Saargebiet.

Oktober 1934 Seine Frau und sein Sohn folgen ihm ins Saargebiet nach. Zuvor war seine Frau im Oktober 1933 verhaftet und vom Sondergericht wegen „Verbreitung unwahrer Behauptungen zur Verächtlichmachung der Regierung“ zu acht Monaten Gefängnis verurteilt worden. Bald flieht Geisen mit seiner Familie weiter nach Frankreich. In Paris schließt er sich einer KPD-Emigrantengruppe an und wird von der „Roten Hilfe“ unterstützt.

August 1936 Geisen verlässt Frankreich, nimmt am Spanischen Bürgerkrieg auf Seiten der Spanischen Republik gegen die Putschisten unter Führung Francos teil. Er wird Kommandeur der „Centuria Thälmann“, einer Brigade, die bald in die Internationalen Brigaden eingegliedert wird.

Oktober 1936 Bei den Kämpfen in Spanien wird er schwer verwundet und büßt das rechte Auge ein.

September 1938 Nach seiner Genesung kehrt Geisen nach Paris zurück.

März 1939 Er geht nach Brüssel und wird dort Versorgungsmann einer Gruppe von Emigranten.

10. Mai 1940 Beim Überfall Hitlers auf Belgien wird er von der belgischen Polizei festgenommen, nach Frankreich abgeschoben und in das Internierungslager St. Cyprien verschleppt.

September 1940 Geisen kann fliehen und kehrt nach Brüssel zurück. Dort arbeitet er weiter als Verbindungsmann zu illegal tätigen Kommunisten und sorgt für deren Zusammenhalt.

Juni 1941 Nach dem Überfall Hitlers auf Russland bringt Geisen Klebezettel an Wehrmachtswagen an und verteilt weitere an kommunistische Gruppen in der Nähe von Wehrmachtsunterkünften. Sie rufen die deutschen Soldaten gegen den Krieg und für den Sozialismus auf.

18. August 1941 Hermann Geisen wird in Belgien festgenommen.

4. Juni 1942 Mit zwei weiteren Festgenommenen wird er nach Deutschland überführt und kommt aufgrund eines Haftbefehls in Aachen in Untersuchungshaft.

19. November 1942 Der Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof klagt Hermann Geisen u.a. an.

12. Januar 1943 Der Volksgerichtshof verurteilt Geisen und einen der SPD angehörigen Kameraden zum Tode, weil sie sich in dem von der deutschen Wehrmacht besetzten belgischen Gebiet nach Beginn des Russlandfeldzuges mit der Herstellung und Verbreitung wehrkraftzersetzenden kommunistischen Schriftmaterials befasst und die Verübung von Sabotageakten geplant (und) damit zugleich den Feind des Reiches begünstigt (haben).

21. April 1943 Hermann Geisen stirbt im Gefängnis Berlin-Plötzensee unter dem Fallbeil. Sein Todestag ist der Geburtstag seiner Frau Emma.

Bild und Inhalte durften wir mir freundlicher Genehmigung des Vereins "Mahnmal-Koblenz" verwenden und bedanken uns sehr herzlich für das freundliche Entgegenkommen. (www.mahnmal-koblenz.de)




  Georg Münzner - ein Bürgermeister

Rückblickend : auf eine gute Entscheidung für Höhr-Grenzhausen


Wenige werden  an den 22.März 1949 persönliche Erinnerungen haben. Die meisten heutigen Einwohner waren noch nicht auf der Welt. Für die überwiegende Anzahl der Bürger  standen damals die Alltagssorgen im Vordergrund. Am 22.März 1949, also vor 72 Jahren wurde in Höhr-Grenzhausen ein Bürgermeister gewählt. nachdem die Stelle einige Zeit verweißt war. Die Wahl viel auf "Georg Münzner". Für die meister Bürger bis dahin ein Unbekannter. Die Verwaltungseinheiten in Form der Verbandsgemeinden gab es noch nicht. Münzner war somit Bürgermeister der Stadtteile Höhr, Grenzhausen und Ģrenzau. Er trat sein Amt in einer schwierigen Zeit an. Die Einführung der Deutschen Mark (DM) war noch kein Jahr ( Juni 1948 ) vorbei. Die Wirtschaft kam erst langsam in Schwung. Die Kriegswunden waren noch nicht geheilt. Viele Alleinerziehende Kriegs-Witwen mussten  noch mit ihren Kindern um ihre Hinterbliebenenversorgung kämpfen. Besonders Frauen deren Männer in sowjetischer Gefangenschaft waren oder noch als vermisst galten, waren ohne Versorgung. Der Wohnungsmarkt war für die Bevölkerung äußerst schwierig. Hinzu kam, im Westen mussten nach Kriegsende rund 14Millionen Heimatvertriebene aus den Ostgebieten aufgenommen werden. Das örtliche Wohnungsamt war ständig auf der Suche nach Unterkünften für Vertriebene . Für die Einheimischen  in Höhr-Grenzhausen ergaben sich daraus erhebliche Einschränkungen und Entbehrungen. Die persönliche Verfügung über das Eigentum war begrenzt. Jede Mansarde , Speicher oder Kellerraum wurde überprüft und wenn möglich in Wohnraum umfunktioniert. Die Stimmung war äußerst angespannt.  Man wohnte selbst noch beengt. In der Schule kamen täglich neue Schülerinnen und Schüler hinzu. Die Anforderungen an einen Bürgermeister und Stadtrat waren also hoch. Der normale Wohnungsmarkt,  wenn es überhaupt einer gab, war ausgeschöpft. Trotzdem kamen täglich neue Vertriebene hinzu. Und alle die ankamen, hatten schon schlimmste Erlebnisse und Strapazen hinter sich. Die Stadt war gezwungen schnellstens neuen Wohnraum zu schaffen. Das ging nur über Neubauten. Ausgerechnet ein bis dahin schönes Grüngelände mit guten Obstbestand sollte für Neubauten geopfert werden. Das ergab reichlich Diskussionen und Widerstand. Münzner konnte den Stadtrat  überzeugen. Zwölf Mehrfamilienhäuser  mit je fünf Wohneinheiten wurden gebaut. Zunächst vorwiegend für Heimatvertriebene später auch Einheimische.
Die Wohnanlage bekam den Namen "In den Baumgärten " wurde aber im Volksmund "Korea" getauft, abgeleitet vom Koreakrieg der von 1950 bis 1953 verlief. Mit der Bezeichnung "Korea" kam ein wenig auch das Verhältnis der Höhr-Grenzhäuser Bevölkerung zu den Neuankömmlingen und deren Versorgung mit Wohnraum zum Vorschein.  Die Wohnungen in den Baumgärten waren bereits  mit Bad und Toiletten ausgestattet.  Dagegen musste die Bevölkerung noch teilweise in den älteren Häusern, über den Hof auf einen Plumsklo gehen. Das änderte sich langsam,  als eine Siedlungsgesellschaft entstand und in Eigenleistung Häuser mit anderem Standard gebaut werden konnten. Da nach wie vor Wohnungsknappheit bestand sind in der Bürgermeisterzeit von Münzner weitere Mehrfamilienhäuser in Grenzhausen auf dem Scheid entstanden. Im Nachhinein war die Amtszeit von Bürgermeister Münzner für Höhr-Grenzhausen eine gute Zeit. Die Heimatvertriebenen und jetzigen Bürger der Stadt waren fleißige Menschen und wollten in der neuen Heimat sich schnell zu Hause fühlen. Ob in der hiesigen Industrie, im Zusammenleben oder auch in der Landwirtschaft, haben sie zur positiven Entwicklung beigetragen. Die " Baumgärten" gibt es auch heute noch. Einige Gebäude  sind zwischenzeitlich neu hergerichtet. Vier Häuser sind äußerlich noch im Originalzustand . Der Geländeverbrauch für die Wohnanlage "Baumgärten " war gering,  gegenüber was heute für Einfamilienhäuser geopfert wird. Und die geopferte Grünfläche mit Obstbäumen würde heute auch nicht anders behandelt wie jetzt vergleichbares Gelände.Im Nachhinein war die Amtszeit von Bürgermeister Münzner eine wichtige Zeit für Höhr-Grenzhausen. Und die Kinder oder Kindeskinder der ehemaligen Vertriebenen sind heute Höhr-Grenzhäuser wie du und ich.





Text und Fotos wurden entnommen dem Facebookeintrag von Herrn Helmut Schmittuz vom 7.03.2021
 
  De Knutsch in Hillscheid

Der folgende Beitrag und die Fotos stammen aus einem Facebookeintrag vom 1.02.2023

 
.......wenn auch "De Knutsch " vor 112 Jahren erbaut wurde, erscheint heute diese Zeit wie eine Ewigkeit.
Vor gut 139 Jahren begannen für die Orte unserer Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen wichtige und zukunftweisende Veränderungen. Startschuss war die Anbindung 1884 von Höhr-Grenzhausen an das Eisenbahnnetz zum Rhein und Westerwald. Der Keramikindustrie, Töpferhandwerk und Handel brachte der Anschluss wirtschaftliche Vorteile. Endlich war die Zeit vorbei, wo mit Pferdefuhrwagen oder fliegenden Händlern , Handel betrieben werden mußte. Bis dahin war der Handel mit viel Zeitaufwand und Kosten verbunden.
So konnten die Töpfer und Krugbäcker nun ihre Waren schneller in den Handel bringen.
Unmittelbar nach Anschluss von Höhr-Grenzhausen an das Bahnnetz kam die Diskussion auf, die Bahnlinie ebenfalls zum Nachbarort Hillscheid weiter zu führen. Man war sich einig, die Ton- und Keramikindustrie war nur mit einem Bahnanschluss Konkurrenzfähig.
Am 1.Juli 1909 war es endlich so weit. Die Fortführung der Eisenbahlinie nach Hillscheid begann und bereits am " 17.Oktober 1910" fuhr der erste Zug unter großen Jubel im neu erbauten Hillscheider Bahnhof ein.
Es war keine Einfache Streckenführung . Das Kühlbachtal mußte mit einer Brücke von 99 Meter Länge und 30 Meter Höhe überbaut werden. Wie wichtig der Bahnanschluss aber für Hillscheid war ergibt sich bereits an der großen Zahl der angesiedelten Betriebe. Nach Niederschriften sollen zu dieser Zeit in Höhr-Grenzhausen 35 handwerkliche Betriebe ansässig gewesen sein, die salzglasiertes Steinzeug herstellten und 7 Betriebe der industriellen Herstellung von verzierter Keramik, 3 Betriebe zur Herstellung von Rohren und weitere 6 Betriebe für Ton- und Holzpfeifen . Laut Niederschrift haben diese Betriebe jährlich hunderttausend Zentner Ton verarbeitet. Zu diesen Betrieben kamen noch 4 Zinngießereibetriebe und eine Glas- und Porzellanmalerei hinzu.
Und in Hillscheid waren zur gleichen Zeit 24 Krugfabriken mit jährlich zwei Millionen Krüge angesiedelt. Die Bahnanbindung in Hillscheid führte bereits 1911 zur Ansiedlung eines wichtigen Betriebes, der nur wegen der Bahn angesiedelt werden konnte. Es war der Schamottbetrieb " BORN " am Hillscheider Bahnhof. Im Volksmund wurde der Betrieb " De Knutsch " genannt. Leider bestehen von diesem Betrieb wenige Fotoaufnahmen. Eine Aufnahme zeigt das Firmengelände mit einem hohen Schornstein, der weithin sichtbar war. Und eine Archivaufnahme zeigt ein Blick in die Brennkammer. Für unsere Region war die Schamotteproduktion überaus bedeutsam. Zunächst entstanden neue Industriearbeitsplätze. Feuerfeste Erzeugnisse wurden immer wichtiger. Die Schamottesteine und Platten wurden zum Ausgleiten von Brennöfen in der gesamten Feuerungstechnik vermauert. Sie spielten auch beim Bau von Kannöfen und Hochöfen eine Rolle.
Die Firma Born hat mit dazu beizutragen, den Industriestandort zu verbessern. War bisher im Keramikgewerbe mehr die handwerklichen und künstlerischen Fertigkeiten gefragt, so ging es in der feuerfesten Industrie mehr um eine wertvolle Hilfsindustrie der Eisen- und Stahlindustrie.
1929 schrieb dazu in einem Aufsatz " John Steuler " Direktor der Steuler Werke in Höhr-Grenzhausen : " Die Wichtigkeit dieser Industrieart (Feuerfest) wird einem bewusst, wenn man sich nur vorstellt, daß ohne die Verwendung feuerfester Baustoffe das Niederschmelzen der Metalle aus ihren Gesteinsverbindungen , ihre Formgebung beim Guß und selbst noch die Bearbeitung zum Verschmieden unmöglich wären. Dieses in entsprechender Bearbeitung auch gegen Säureangriffe widerstandsfähige Produkt ermöglichte erst der chemischen Großindustrie die Errichtung der Riesenapparaturen aus den als Endprodukt Farben, Sprengstoffe und Unmengen künstlicher Düngesalze sich ergeben. "
Günstig war für die Firma Born die Lage am Hillscheider Bahngelände und nicht weit entfernt die Tongrube " Krebshohl" wo der notwendige Ton kam. Selbst der Tontransport mit einer Seilbahn ab Tonbgrube bis in den Betrieb war fortschrittlich. (Siehe hierzu Fotos)
1967 wurde der Schamottebetrieb ' Born" stillgelegt. Es fanden sich keine Nachfolger und außerdem wurden die Sicherheitsauflagen für die Umwelt und Arbeiter immer strenger und
1996 erfolgte der vollständige Abriss der Gebäude. Vom Schornstein und Brennofen blieb lediglich die Brennkammer erhalten. Diese kann man heute noch besichtigen. Sie sollte auch verschwinden. Aber einige ältere Bürger die einen besonderen Bezug zu dem Betrieb hatten , haben es erreicht, daß die Brennkammer als Erinnerung erhalten bleibt. Hier muß man stellvertretend " Herbert Portugall " nennen. Aber die Schönheit und das handwerkliche Können der Zimmerleute beim Bau des Betriebes kann man heute nur noch auf Fotos bewundern.( vergl. meine Erinnerungsfotos).
Nicht vergessen möchte ich die Arbeiter des Betriebes. Die Arbeitsbedingungen waren körperlich sehr schwer, Gesundheitsgefährdend verbunden mit viel Staub und Hitze.
Die Knutsch hat aber für Hillscheid einen großen Beitrag geleistet. Heute kann man auf dem Gelände nicht nur gut Parken sondern in einem Supermarkt gut einkaufen. Und wenn ich die Straße von Höhr-Grenzhausen nach Hillscheid fahre, erinnere ich mich immer noch an die Seilbahn mit den mit Ton befüllten Mulden, die über die Straße zur Endlatungsstation fuhren. Kleine Tonbrocken vielen auch mal auf die Fahrbahn aber ansonsten was die Beförderung eine fortschrittliche Sache.
 
 
17. Oktober 1910 fährt der erste Zug über die Kühlbachtal-Brücke nach Hillscheid in den neu erbauten Bahnhof ein



Die Voraussetzungen für die Industrieansiedlung waren damit geschaffen. Hoher Schornstein über dem Brennofen des Schamottebetrieb Born

Tongefüllte Transportmulden werden mit der Seilbahn zur Talstation transportiert


Ton und Transportmulden werden befüllt

Es geht zur Seilbahn

Tonabbau

Tonabbau mit Preßlufthammer (oben) und Spaten (unten)

Tongrube Krebshohl in Hillscheid

hohe Brücke - 99 Meter lang, 30 Meteer hoch

unten die Feldarbeit, ober über die Brücke der Hillscheider Zug


das Innere einer Brennkammer


1996 Abbruch des Firmengeländes





Brennofen

So steht die Brennkammer heute zu Besichtigung

 
letzte Änderung: 21.10.2023