Das Museum ist das Herzstück unserer Arbeit. Es beherbergt eine nahezu unerschöpfliche Sammlung von Gegenständen, Bildern, keramischen Erzeugnissen und vielem mehr, die die Geschichte unserer Stadt lebendig werden lassen.Aus heutiger Sicht erscheint es geradezu unvorstellbar, unter welchen Bedingungen und mit welch einfachen Hilfsmitteln unsere Vorfahren ihr Leben gestalten mussten. Unser Museum versucht, Einblicke in viele Bereiche des Alltags zu geben, von der Schule bis zur Töpferei, von der Landwirtschaft bis zum  Haushalt, eben vom ganz normalen Leben. Ein Besuch in unserem Museum lohnt sich für jeden, der mehr wissen will über die Stadt in der wir leben.
Das Glanzstück des Museums schlechthin ist aber wohl eine komplette funktionsfähige Pfeifenwerkstatt. Erst vor wenigen Jahren ist es einigen besonders engagierten Vereinsmitgliedern gelungen, dieses einmalige Denkmal früherer
Handwerksgeschichte zu erwerben und im Museum der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Besuchen Sie uns - es lohnt sich!



 

Der folgende Artikel stammt von Herrn Helmut Schmittuz, veröffentlicht auf Facebook im November 2021:


.....es anderthalb Jahre wegen der CORONA-Pandemie und den Einschränkungen keine Gelegenheit gab , unser Stadtmuseum in Höhr-Grenzhausen zu besuchen: Hier ein kleiner Bericht über einen Besuch.
"Die Gesellschaft für Stadtgeschichte und Kultur e.V. " aus Höhr-Grenzhausen hat ein kleines aber seheswertes Museum in ehrenamtlicher Arbeit geschaffen. Die Besucher erleben Gegenstände des täglichen Lebens aus vergangenen Zeiten. Für junge Besucher*innen ist so manches Teil im Gebrauch ungewohnt und unwirklich . Ob in der historischen Waschküche, Gestaltung und Einrichtung der Wohnstuben und der Küche. Die weiblichen Besucher werden staunen, wie die Vorfahren für Aussteuer vorgesorgt haben. Die Mädchen - aus alter Zeit - waren Stolz, in die Ehe eine gute Aussteuer einbringen zu können. Viele besaßen eine eigene Kommode in der über Jahre die Aussteuer (Geschirr, Besteck, Bettwäsche, Handtücher, Tischwäsche, Töpfe usw ) gesammelt wurden. Oft begannen die Eltern gleich nach der Geburt eines Mädchen damit. Es wurde auf eine gute Ausstattung geachtet. Mit kleinen Schleifen gebunden, war die Aussteuer für eine mögliche Hochzeit reserviert.
Jedes Teil im Museum hat so seine eigene Geschichte. Auch schmerzhafte Erinnerungen werden wach. Eine Peitsche, die normalerweise für den Gebrauch in der Landwirtschaft gedacht war, besaß auch bei der Kindererziehung seine Wirkung. Und wenn in der Abteilung "Schule " die alten Bänke auftauchen und daneben ein Rohrstock als Schulinventar , weiß jeder Erwachsene, über schmerzhafte Erlebnisse mit dem Stock zu berichten.
Ich hatte die Gelegenheit mit dem Jahrgang 1947/1948 aus Höhr-Grenzhausen an ihrem monatlichen Treffen teilnehmen zu dürfen. Da dieser Jahrgang sehr an der Geschichte ihrer Jugend interessiert ist, stand ein Museumsbesuch an. Hier konnten viele aus eigenen Erfahrung und Wissen das Museumsinventar bereichern.
Die gesamte Führung lag in den Händen einer der privilegiertesten Historikerinnen der Höhr-Grenzhäuser Geschichte "Frau Friedchen Krebs ". Einen großen Dank an Frau Krebs.
Die Höhr-Grenzhäuser Geschichte ist ohne das Töpferhandwerk und die industrielle Keramikfertigung undenkbar. Eine kleine Töpferwerkstatt , wie sie fast in jeder Straße früher zu finden war, fehlt im Museum nicht. Werke von namhaften Keramikern früherer Jahrzehnte sind hier ergänzend ausgestellt. Daneben gab es in Höhr-Grenzhausen auch holzverarbeitende Betriebe. Auch hiervon erzählen Einrichtungen im Museum. Dazu später ein eigener Bericht.











 

Hier kommt die Fortsetzung des Artikels von Helmut Schmittuz


.....Wer unser Stadtmuseum in Höhr-Grenzhausen besucht, wird Staunen, was die "Gesellschaft für Stadtgeschichte und Kultur e.V. " seit Gründung an historischen Material und Inventar zusammengetragen hat. Heute ergänzend zu meinem Bericht über den Museumsbesuch des Jahrgang 1947/48 vor wenigen Tagen:
Vor 22 Jahren haben Gründer des Museum eine Chance wahrgenommen eine Betriebseinrichtung gerettet, die fast verloren gegangen wäre. Es war die Werkstatt des Pfeifenherstellers " Jean Löhner". Dazu später mehr:
Ab dem 18.Jahrhundert gab es in Deutschland die ersten Pfeifenmacher-Betriebe. In Münster haben Pfeifendrechsler die ersten mehrteiligen Gesteckpfeifen hergestellt. Man geht davon aus, dass Pfeifenrauchen von den Indianern übernommen worden ist. Aus den Karl May-Geschichten kennt man die mehrteilige "Friedenspfeife" ,die jeweils nach Friedensverhandlungen geraucht wurde.
Später entstand auch in Höhr-Grenzhausen eine Pfeifenmacherindustrie. Zunächst waren es Tonpfeifen, später stellten die Betriebe ihre Produktion auf Holzpfeifen um. Nur in Hilgert blieb man bei den Tonpfeifen. In Höhr-Grenzhausen sollen fünf Betriebe gewesen sein. Mir persönlich sind nur vier bekannt. Und von einem dieser Betriebe ist im letzten Moment die Werkstatt gerettet worden.Es war die Werkstatt des letzten Pfeifenmacher in Höhr-Grenzhausen " Jean Löhner ". Der in Vallendar geborene Jean Löhner gründete 1928 eine Werkstatt zur Herstellung von Holzpfeifen und führte diese bis zu seinem Tod . Danach hat die Familie die Werkstatt fünf Jahre unberührt belassen, so wie der Gründer sie am letzten Arbeitstag verlassen hat. Eine Weiterführung wäre zu jeder Zeit möglich gewesen. Hiervon haben die Heimatforscher "Hans Wirbelauer, Detlef Heuser und Uwe Finke aus Höhr-Grenzhausen erfahren und sich mit der Familie in Verbindung gesetzt. Anlässlich eines Brunnenfestes haben die drei die Werkstatt für Publikum geöffnet. Mit Spenden konnten sie erwirken, dass die Werkstatt nicht anderweitig verkauft, sondern heute originalgetreu im Heimatmuseum steht.
Die Pfeifenmacherindustrie entwickelte sich im 19.Jahrhundert in Höhr-Grenzhausen gut und gehörte neben den Keramikbetrieben zum festen Teil der Wirtschaftskraft mit vielen Arbeitsplätzen. So ist es 1830 zur.Gründung der Firma "Müllenbach & Thewald " gekommen. Auch diese Firma produzierte zunächst Tonpfeifen, stellte aber bald auf Holzpfeifen um. Den Beruf des "Pfeifendrechslers" war mittlerweile ein anerkannter Lehrberuf. Mein Vater hat diesen Beruf nach seiner Schulentlassung 1911 erlernt und war bei der Firma Müllenbach & Thewald bis zur Rente als Drechsler tätig, zuletzt als Meister. Zeitweise waren bei der Firma an die 50 Arbeitnehmer.
Das wirtschaftliche Hoch in der Pfeifenmacherindustrie war in den 20er und 30er Jahre und nocheinmal nach dem zweiten Weltkrieg. Aber in den 70er Jahren machten die Importe aus dem Ausland den Pfeifenmacher zunehmend Konkurrenz. Die Firma Müllenbach &Thewald beendete die Produktion und den Betrieb nach 140 Jahren 1972 und die Firma Löhner in den 80er Jahren .
Im Museum kann man heute die Werkstatt des Jean Löhner mit Fräs-,Bohr- und Schleifmaschine besichtigen. Selbst die alten Elektromotoren und Transmissionsriemen sind noch da. Und noch ein kleiner Schatz jeden Drechlers, die alten abgelagerten Holzröhlinge und halbfertigen Pfeifenköpfe aus "Bruyereholz" . Das Bruyerholz ist ein Wurzelholz aus der Baumheide und kommt aus den Mittelmeerländern . Eine Auswahl von Holzpfeifen wird ebenfalls gezeigt. Und natürlich auch Tonpfeifen, die in Hilgert gefertigt sind (siehe Foto's)..










 

Ein großer Bierhumpen mit besonderer Bedeutung
erläutert von Uwe Ch. Finke, M.A.

 
Im „Museum für Stadtgeschichte“ ist eine Kostbarkeit zu besichtigen, gemessen an ihrer Bedeutung für die Stadtgeschichte. Eine Höhr-Grenzhausener Familie, die ungenannt bleiben möchte, schenkte vor Jahren dem Museum einen großen, etwa 15 Liter fassenden Humpen. Er ist 450mm hoch und hat einen Durchmesser von 23mm. Das salzglasierte Steinzeuggefäß ist sorgfältig handgedreht, der angesetzte Henkel wurde in einer zweiteiligen Form vorgefertigt.
 
Die Vorderseite ziert das Wappen der ehemaligen Kannenbäckerzunft von 1717. In bunten Emailfarben handgemalt sind dargestellt oben links das Kreuz des Kurfüstentums Trier, das Balkenwappen mit Turnierkragen für das Herzogtum Sachsen-Eisenach (damals Herren des Amtes Bendorf), darunter der Löwe der Grafschaft Sayn-Wittgenstein und unten links das Balkenwappen mit Pfau für die Grafschaft Wied-Neuwied. Alle diese Landesherrschaften hatten damals Anteil am Kannenbäckerland und seinen Ortschaften.  Unter dem Wappen steht in schwarzer Schrift „Höhr-Grenzhausen 1936“.
 
Verschlossen wird der imposante Bierhumpen durch einen schweren Zinndeckel mit kugeliger Daumenraste. Wie der Bodenstempel ausweist, entstand das Gefäß in der Firma Marzi&Remy. Die Jahreszahl, die besonders sorgfältige Herstellung und die feine Bemalung weisen auf den besonderen Anlaß hin, warum dieser große Bierhumpen entstand: Die Verleihung der Stadtrechte an das nun vereinte Höhr-Grenzhausen zum 1.April 1936.    
 
Schon zu Anfang des Jahrhunderts hatten sich  Höhr und Grenzhausen einzeln um die Stadtrechte bemüht. Die Wünsche wurden immer abgelehnt. Allerdings wies man höheren Orts darauf hin, dass eine Zusammenlegung der beiden Nachbargemeinden positiv für die „Einführung der Städteordnung“ wäre. Also setzten sich die Vertreter der Orte zusammen; man beriet und kam sich zunächst auch näher. Doch dann kam es zu Irritationen, jeder hatte Angst, der andere könnte bei der Zusammenlegung größere Vorteile haben. Gegenseitige Vorwürfe wurden erhoben. Ein Höhrer Gemeindevertreter meinte: „Der Grenzhäuser Charakter, wenn er mal aus seiner conservativen Schale herauskriegt (sic!), überlegt und baut vor. Wir sind leichter, vertrauensselig und werden leicht übertölpelt. Jetzt wo Grenzhausen sieht, dass wir seine Gedanken erraten haben, spielt es den Gekränkten.“ Und Bürgermeister Klemm von Grenzhausen meinte 1935 (er schlug übrigens den Namen „Eulerstadt“ für das geplante Gemeinwesen vor): „Es ist bei Grenzhausen weniger das absolut sture Festhalten am Eigenleben, als vielmehr das Gefühl des Beherrschtwerdens von Höhr. (...) Die Bevölkerung lebt glücklich und zufrieden in einem blühenden Gemeinwesen. (...) Sie ist stolz auf ihre Gemeinde und hängt an ihr und an ihrer stolzen Vergangenheit; sie ist sehr fleißig und sparsam. Die Höhrer sind dagegen ein leichtlebiges Völkchen.“
 
Trotz allem Theaterdonner konnte man aber auch zusammenarbeiten. Auf der Basis von Zweckverbänden erstanden eine Mittelschule und eine Berufsschule. Man erwarb gemeinsam das Elektrizitätswerk von der Koblenzer Straßenbahngesellschaft (später KEVAG), wobei Höhr 60% und Grenzhausen 40% des Stammkapitals bekam; als Schlüssel diente die unterschiedliche Einwohnerzahl der Gemeinden. Nur im wichtigen Punkt des gemeinsamen Stadtrechtes fand sich keine Einigung. Schließlich entschied der Oberpräsident in Kassel Philipp, Prinz von Hessen, am 27.12.1935 die Zusammenlegung und die Verleihung der Stadtrechte. Einen tags darauf eingereichten Bericht von Bürgermeister Klemm wies Landrat von Preuschen ab mit dem Vermerk: „... nun zu den Akten. Der Zusammenschluß ist bereits Tatsache.“ Mit dem offiziellen Festakt im Rathaus der neuen Stadt am 4.April 1936 fand eine lange und wechselhafte Entwicklung ihr Ende. Das Rathaus, entstanden durch den Umbau der ehemaligen Höhrer Post, stand in der Rathausstraße unterhalb der alten Goetheschule und wurde am 5.1.1945 durch Bomben zerstört.
 
Die neue Stadt, zu der auch Grenzau gehörte, zählte am 1.April 1936 5951 Einwohner. Damit war sie im Unterwesterwaldkreis die bevölkerungsreichste Stadt, die sie auch lange Zeit blieb. Heute zählt die Stadt Höhr-Grenzhausen ca. neuneinhalb Tausend Einwohner, die in allen drei Stadtteilen gut miteinander auskommen (kleinere Eifersüchteleien sind das Salz in der Suppe).
 
 
Bild: Foto-Studio Baumann  

 

letzte Änderung: 21.11.2021